26. November 2007, Zürcher Oberländer

Zürcher Kammerkonzerte

Paso doble zu vier Händen

Mit dem Abschlusskonzert der Herbstreihe "Musik in unseren Ohren" konnten die Zürcher Kammerkonzerte ein kleines Jubiläum feiern.


Es war das 20. Konzert seit der Gründung dieser exquisiten Konzertserie vor drei Jahren. Eingeladen war das weltweit gefeierte südamerikanische Klavierduo Karin Lechner / Sergio Tiempo, das in der Kirche St. Peter gleichzeitig sein Zürcher Debüt gab. Die auch solistisch erfolgreichen Geschwister Karin Lechner und Sergio Tiempo musizieren seit frühester Kindheit zusammen. Mit ihren energiegeladenen Duo-Auftritten ernten sie überall auf den grossen Konzertbühnen stürmischen Beifall - so auch in Zürich. Die Geschwister legten an ihren Pianos los mit Musik, die ihrem südamerikanischen Temperament wie auf den Leib geschrieben ist. Sie liessen den Boden von Manuel Infantes "Tres danzas andaluzas" vibrieren, zauberten Kastagnettentöne aus den Tasten, entlockten ihnen sinnliche Klänge und luden zum berauschenden Paso doble ein.

Die musikalischen Märchenbilder "Ma mère L'Oye" hat Maurice Ravel für die beiden Kinder eines befreundeten Ehepaares geschrieben. Obschon er sie später zu einem Ballett umorchestrierte, sind es filigrane Kunstwerke, die ohne gross ausladende Akkordfolgen und virtuoses Schmuckwerk auskommen. Grossartig, wie Karin Lechner und Sergio Tiempo sich auch in dieser sensiblen Musiksprache auszudrücken verstanden.

Von Ravel zu Ravel, aber diesmal hat der Komponist in der Fassung für zwei Klaviere der Ballettsuite "Daphnis und Chloé" ein ganzes Orchester in vier Hände gelegt. In dieser unerhört klangmalerischen und weit ausladenden Musikgeschichte konnten die beiden Künstler aus dem Vollen schöpfen. Lustvoll nutzten sie die ganze Bandbreite der klavieristischen Möglichkeiten. Was sollte man mehr bewundern: Ihre Spielereien mit Klangschattierungen, die sie mit grosszügigem Pedalgebrauch noch intensivierten, ihre synchrone Präzision oder ihr untrügliches rhythmisches Gefühl? Nach dieser mitreissenden Wiedergabe brauchte das Publikum wahrhaft eine Atempause.

Astor Piazzolla und Tango Nuevo sind ein Synonym für Sinnlichkeit und Lebenslust, gepaart mit einem Hauch Melancholie. Das Duo Lechner/Tiempo bringt alles mit, was die Musik ihres Landsmannes so unwiderstehlich macht und das Publikum zu Beifallsstürmen verleitet. Mit Maurice Ravels "La Valse" setzte das Duo einen geradezu explosiven Schlusspunkt. Wie es die sich bis ins Dämonische steigernde Spannung aufbaute, daneben aber immer wieder die melodischen Lichtfetzen aufblitzen liess, das war atemberaubend.


Irène Maier



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