7. November 2007, Neue Zürcher Zeitung

Griechenland

Die Mezzosopranistin Stella Doufexis in der Kirche St. Peter


In Zürich kennt man die Sängerin nicht. Noch nicht. Denn wer Stella Doufexis einmal singen gehört hat, möchte sie wieder hören. Gelegenheit dazu bot der Liederabend, den sie zusammen mit dem Pianisten Axel Bauni in der Kirche St. Peter gab. Die Mezzosopranistin, die seit 2005 Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin ist und sich auch als Liedinterpretin einen Namen gemacht hat, führt in ihrem Repertoire seit einigen Jahren ein griechisches Liederprogramm, das sie nun auch in Zürich vorgetragen hat. Als Tochter eines griechischen Regisseurs und einer deutschen Mutter ist die Sängerin für dieses Thema geradezu prädestiniert.

Wie auch die übrigen Programme der noch jungen Reihe "Zürcher Kammerkonzerte" stand dieser Abend unter einem schlüssigen thematischen Gedanken - Griechenland. Wie unterschiedlich sind doch die Projektionen, die in unseren Köpfen und in den vertonten Liedtexten mit diesem Land verbunden werden: Wiege der abendländischen Kultur, Hort der Freiheit, blühende Mythologie, Ferienparadies am Mittelmeer und vieles mehr. Für den Dichter Johann Mayrhofer, den Franz Schubert gerne vertonte, bedeutete Griechenland den Ort politischer Freiheit, die er unter dem repressiven System Metternichs in Österreich vermisste. In mythologischen Figuren konnte er ausdrücken, was die Zensur sonst verboten hätte: Attis sehnt sich nach Kybele, Iphigenie möchte von Tauris nach Hellas zurückkehren.

Stella Doufexis verlieh solchen Gefühlen beredten Ausdruck. Schuberts Lied "Atys" klang leidenschaftlich, wenn auch nicht exzessiv, "Iphigenia" leuchtete in wunderbaren Farben. Wie die weiteren Gesänge bestätigten, liegen die Stärken der Sängerin mehr im Lyrischen als im Dramatischen; sie besitzt eine unvergleichbare Wärme des Ausdrucks. Man spürte sie, auch wenn man die Worte nicht verstand, wie etwa in den drei griechisch gesungenen Liedern von Arghyris Kounadis. Sehr schön war auch, dass Doufexis Maurice Ravels "Cinq mélodies populaires grecques" in der Originalsprache singen konnte. Die fünf unterschiedlichen Stimmungen waren ihr vom Antlitz abzulesen.

Doch was wäre eine Sängerin ohne ihren Pianisten? Axel Bauni kann als der geborene Liedbegleiter bezeichnet werden, der jede noch so feine Nuance der Sängerin mitträgt. Und in Christian Josts "Koma", einer lyrischen Szene nach Sappho-Fragmenten, spielte er zuweilen gar die Hauptrolle.


Thomas Schacher

Zürich, St. Peter, 5. November.



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