12. August 2009, Neue Zürcher Zeitung

Brillantes Quartett

Eröffnung der Zürcher Kammerkonzerte



Chouchane Siranossian, Benjamin Engeli, Lea Boesch und Lionel Cottet (v. l. n. r.).
© Christian Beutler / NZZ


Vor vier Jahren ist in Zürich aus einer privaten Initiative heraus eine neue Konzertreihe entstanden: Die Zürcher Kammerkonzerte in der Kirche St. Peter nutzen geschickt die ereignisarme Zeit des Sommerlochs und präsentieren den daheim gebliebenen und den von den Ferien zurückgekehrten Musikliebhabern ein Kammermusikprogramm der exquisiten Art. In den vier Konzerten treten unter anderen der Gambist Jordi Savall, der Geiger Gidon Kremer und das Carmina-Quartett auf. Dass sich aber schon das Eröffnungskonzert als Publikumsrenner erweisen würde, hat selbst die Veranstalter überrascht. Angekündigt war keine Berühmtheit, sondern ein Ensemble, das nicht einmal einen Namen hat. Der gemeinsame Nenner der vier jungen Musiker besteht darin, dass sie alle vom Migros-Kulturprozent gefördert werden oder wurden.

Die 25-jährige Geigerin Chouchane Siranossian, die in Zürich bei Zakhar Bron studiert hat und seit einem Jahr Konzertmeisterin des Sinfonieorchesters St. Gallen ist, die 27-jährige Bratschistin Lea Boesch, die unter anderem beim Zürcher Kammerorchester als Solistin aufgetreten ist, der 22-jährige Cellist Lionel Cottet aus Genf, Preisträger des Schweizer Jugendmusikwettbewerbs, und der 31-jährige Benjamin Engeli, Pianist des inzwischen international bekannten Tecchler-Trios, bildeten für diese Darbietung eine Ad-hoc-Formation. Die Besetzung passte genau für das Klavierquartett in Es-Dur op. 87 von Antonín Dvorák, das zum Schluss aufgeführt wurde.

Was das Quartett bei diesem Werk an Interpretations-Qualität bot, war schlicht ergreifend. Welche Höhen und Tiefen wurden da durchmessen, was für eine Glut ging von diesem Spiel aus, wie einheitlich agierten die drei Streicher als Gegenpart des Pianisten, welch unterschiedliche Charaktere gelangen in den einzelnen Sätzen. Im Gedächtnis bleibt etwa der Kontrast von lastender Melancholie und musikantischer Spielfreude im Scherzo. - Im ersten Teil des Konzerts liessen sich die Spieler in kleineren Formationen hören. Bei Mendelssohns "Variations sérieuses" zeigte sich Benjamin Engeli als virtuoser und gleichzeitig sensibler Interpret. In Enescus Konzertstück für Viola und Klavier zauberte Lea Boesch runde, warme Töne aus ihrer Bratsche. Genau das Gegenteil war bei Ravels Sonate für Violine und Violoncello angesagt: Die Umsetzung von antiromantischer Kühle, zurückgenommener Expressivität und glasklarer Energie gelang Chouchane Siranossian und Lionel Cottet in bewundernswerter Weise.


Thomas Schacher

Zürich, St. Peter, 10. August. - Das weitere Programm: www.kammerkonzerte.ch.



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