9. August 2008, Tages-Anzeiger

David Greilsammer


Laufend werden junge Pianisten auf den internationalen Markt gespült, die sich dann in der Regel erst einmal mit der klassisch-romantischen Hitparade profilieren. Da fällt einer wie David Greilsammer aus dem Rahmen: Bei den Zürcher Kammerkonzerten präsentierte der in Jerusalem geborene, in Paris lebende und kürzlich beim Label Naïve untergekommene Pianist ein Programm, das vom Barock bis zur Minimal Music reichte. Und er begnügte sich nicht mit einem Nacheinander der Werke, sondern verschränkte sie in einem ausgeklügelten Konzept ineinander.

So wurden die Variationen einer Rameau-Gavotte durch den 7. Satz von György Ligetis "Musica Ricercata" unterbrochen, Bachs "Chromatische Fantasie und Fuge" erhielten als Kernstück die lichten "China Gates" von John Adams eingeschoben, und als Rahmen von Janáceks Sonate "1. Oktober 1905" gab es zwei c-moll-Werke Mozarts. Diese so unterschiedlichen Stücke sollten einen Dialog miteinander aufnehmen, sagte Greilsammer in seiner Einleitung, und zumindest momentweise taten sie das. Bei Mozart/Janácek wurde ähnlich Düsteres in ganz unterschiedlichen Tonsprachen ausgedrückt, während bei Rameau/Ligeti die Brücke über vertrillerte oder sonst wie verschwimmende Linien und damit über stilistische Eigenheiten zustande kam.

Die Konfrontation der Werke brachte allerdings auch zum Vorschein, wie ähnlich Greilsammer alle Stile anging. Manche Details hob er wie mit einer Lupe hervor, über anderes wischte er hinweg; das Resultat wirkte kontrastbetont, oft basslastig, sehr durchdacht, nicht immer durchfühlt. Was bei den barocken und neueren Werken seinen Reiz entwickelte, führte vor allem bei Mozart an seine Grenzen. Die sozusagen fragmentierende, manchmal auch etwas holprige Spielweise brachte hier statt überraschenden Erkenntnissen einen Spannungsverlust, und die Pausen wirkten eher als Löcher denn als Teil der Musik. Der eigene Weg ist nun mal risikoreich, gerade wenn er so weitläufig ist. Lohnend, das hat dieses Konzert auch gezeigt, ist er trotzdem.


Susanne Kübler



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