27. Oktober 2007, Zürcher Oberländer

Kirche St. Peter

Saitenzauberei

Die Zürcher Kammerkonzerte brachten eine Begegnung mit dem Gitarristen Christian Hostettler und dem Quatuor Terpsycordes.


Die Gitarre ist in der Kammermusik eine Rarität und deshalb willkommene Abwechslung. Die bedeutendsten Kompositionen für Gitarre schrieben die grossen Gitarrenvirtuosen für sich selber. Die beiden Solowerke von Gaspar Sanz und Carlo Domeniconi, die Christian Hostettler vorstellte, bestätigen diese Aussage. Einer der bahnbrechenden Komponisten des 17. Jahrhunderts war der Spanier Gaspar Sanz. Er verbrachte einen Teil seines Lebens in Italien und liess sich dort von der italienischen Gitarrentradition beeinflussen. Mit diesem Wissen kehrte er nach Spanien zurück und wurde zum Vermittler einer neuen Gitarrentradition. Seine Suite "Española" zeigt ein riesiges Spektrum an technischen Feinheiten, aus dem Christian Hostettler mit seiner achtsaitigen Liuto forte eine filigrane, hochdifferenzierte Klangwelt hervorzauberte.

Diesem barocken Kleinod eine zeitgenössische Komposition des italienischen Gitarrenvirtuosen Carlo Domeniconi gegenüberzustellen, war hochinteressant. Die arabischen Klänge der Suite "Koyunbaba" würde man jedoch eher als zeitlos, denn als Musik des 20. Jahrhunderts beschreiben. Domeniconi möchte sie als Hommage an eine idyllische, ferne Landschaft verstehen. Mit raffinierten spieltechnischen Mitteln, die ihm auf seiner klassischen Gitarre geradezu orchestrale Effekte ermöglichen, und seinem poetisch-musikalischen Feingefühl versetzte Christian Hostettler das Publikum in eine wirklich paradiesische Welt. In dieser regte sich aber auch menschliches Leben. Da spürte man den sandaufwühlenden Wüstenwind, liess sich von einem verführerischen Schleiertanz betören, hörte eine Mutter ein zärtliches Lullaby singen und sah Nomaden mit ihren Herden dahinziehen. Christian Hostettler versteht es, sein Publikum zu berühren.

Kontrastprogramm

In eine andere musikalische Welt brachte das Quator Terpsycordes die Zuhörerinnen und Zuhörer mit dem "Rosamunde"-Streichquartett von Franz Schubert. Die jungen Musikerinnen und Musiker setzten in ihrer Interpretation ganz auf das Empfindsame, Verzweifelte, Beklemmende in Schuberts Musik. Dabei verfügt das Quartett über eine unglaubliche Intensität. Zu kurz kam jedoch das Liedhafte, die Melodienbögen. Es fehlte der sängerische Atem, was dem zweiten Satz, der mit seinem zauberhaften "Rosamunde"-Motiv dem Quartett den Namen gab, die nötige Spannung nahm. Am überzeugendsten gelang der mit viel Feuer und pointierter Ausdrücklichkeit gespielte, tänzerisch-bewegte Finalsatz.

Ihre besten Qualitäten zeigten Girolamo Bottiglieri, Raya Raytcheva, Violinen, Caroline Haas, Viola, und Francois Grin, Cello, in Luigi Boccherinis Gitarren-Quintett "La Ritirata di Madrid". Hier konnten sie ihre Liebe für stark strukturierte Akzente und Dynamik, ihr kerniges bis silbriges Klangfarbenspektrum und ihre unbändige Spielfreude ausleben. Absolut höchste Klasse war das wie auf Seidenfäden gespielte Pianissimo, das den Schluss des Werkes wie einen Hauch verwehen liess.


Irène Maier



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