Der Schicksalsmoment ist ein rätselhaftes Gebilde. Schon sein
Wortkörper fragt nicht nur nach seiner Bedeutung, sondern hintersinnt
auch deren Deutung: Ist er ein Augenblick, welcher von seinem
Geschehen in Besitz genommen wird - oder ein Seelenzustand, in welchem
sich Zukünftiges und Vergangenes zu vorbestimmtem Dasein verdichtet?
Besteht er aus einem brüchigen, staubigen Stück aufbewahrter
Zeitsubstanz, oder stellt er nichts als eine Schleuse dar - nur
zufällig offen oder geschlossen - durch welche mit stetigem Gleichmut
die Ereignisse fliessen?
Das von seinem Schicksal getriebene Individuum kann sich der
Versuchung meist nicht erwehren, die abrupten oder unmerklichen
Übergänge zwischen seinen Lebensabschnitten mit der Macht des Zufalls
zu erklären (oder mit ordnenden Kräften, deren wesentliches Merkmal in
ihrer Unergründlichkeit besteht). Aus dieser Haltung heraus kann es
verständnislos aufbegehren oder sich ins Unvermeidliche fügen - doch
diese beiden Reaktionen vermögen den Menschen kaum voranzubringen,
weder in seinem Fühlen noch in seinem Handeln.
Womöglich birgt die Erkenntnis, dass die bestimmenden Momente der
Existenz zwar nicht immer zu beherrschen, oft aber durchaus zu
begreifen sind, eine grundlegende künstlerische Triebfeder. Sich
seinem Schicksal zu ergeben, ist das eine - sich ihm hinzugeben, etwas
ganz anderes. Wer es wagt, den Strom der enormen Kräfte, welche uns
von innen und aussen umgeben, bedrängen und antreiben, zum Instrument
seines eigenen Wirkens zu machen, erlangt in seiner Hingebung die
grösste Freiheit - zu werden, wer man sein muss.
Darius Milhaud (1892-1974)
Quatuor à Cordes no. 1
George Gershwin (1898-1937)
Porgy & Bess-Suite
Michael Zisman (*1982)
Werke für Bandoneon solo
Astor Piazzolla (1921-1992)
Five Tango Sensations
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